Noch ein paar Tage zuvor hatte
ich mit meiner Familie geskypt und verkündet, dass ich im Sinne von mehr
Qualität als Quantität nun doch auf Texas verzichten und direkt nach New
Orleans fliegen würde. Wie aber so oft, kam es am Ende anders als geplant. Denn
als ich nach Flügen suchte, musste ich feststellen, dass die Flüge nach Austin
nur halb so teuer waren wie die nach New Orleans. Das interpretierte ich als
Zeichen, dass ich Texas wohl doch besuchen sollte und machte die Buchung fix. So
flog ich am 13. Mai (ja ich weiß, der Blog ist nicht gerade aktuell, aber ich arbeite
dran) mit einem kurzen Zwischenaufenthalt am Flughafen in Salt Lake City nach
Austin, Texas.
Austin selbst ist vor allem für
seine Live-Musik-Szene bekannt und hat darüber hinaus auch ehrlich gesagt nicht
besonders viel zu bieten. Ein Tag ist völlig ausreichend, um die wichtigsten
Dinge zu Fuß zu erkunden. Sehenswert ist vor allem das State Capitol, welches
sogar größer ist als das Kapitol in Washington D.C. sowie das South Congress
District mit seinen kleinen Shops, Bars und Essensständen.
San Francisco aus der Vogelperspektive |
State Capitol |
Austin Skyline |
Cupcakestand |
Am zweiten Tag machte ich einen
Ausflug nach San Antonio, welches nur ca. eineinhalb Stunden Busfahrt von
Austin entfernt und somit quasi direkt nebenan liegt. Begleitet wurde ich dabei
von Dallas aus Dallas, den ich beim außerordentlich guten Frühstück (Cornflakes
mit Milch, frisches Obst, guter Kaffee, Toast und Muffins, sogar Nutella) im
Hostel kennen gelernt hatte. Er benahm sich die meiste Zeit wie ein großes
Kind, was manchmal ein bisschen anstrengend, meistens aber ziemlich
unterhaltsam war.
Die Hauptattraktion in San
Antonio ist der River Walk. Entlang des San Antonio Rivers kann man wunderbar
spazieren gehen. Außerdem reihen sich an einigen Abschnitten gemütliche Bars
und Restaurants aneinander, die zu einer kurzen Rast einladen. Da kann man auch
schon mal mittags um 1 Uhr eine Margarita trinken ;) Wir waren ja schließlich
im Urlaub, nicht?! Außerdem besichtigen wir noch das Alamo Mission House, eine
zum Fort ausgebaute ehemalige Missionsstation.
River Walk |
Alamo |
Restaurant am River Walk |
Da mir die Entfernung zwischen
Austin und New Orleans zu groß und die Busfahrt in einem Stück daher zu lang
war, entschied ich mich dafür, einen Zwischenstopp in Houston einzulegen. Das
sollte sich in Vielerlei Hinsicht als gute Idee herausstellen. Das Hostel z. B.
war wirklich toll: Sehr sauber und ordentlich, mit Pool, gemütlichem Balkon,
gutem Frühstück und einem exzellenten Buchaustausch. Ich hatte nämlich günstig
den ersten Teil der Divergent Trilogie erworben und diesen gerade beendet. Nun
lachte mich im Bücherregal der zweite Teil an und ich konnte die Reihe somit
nahtlos fortsetzen. Schon allein dafür hatte sich der Aufenthalt gelohnt.
Darüber hinaus informierten die
Mitarbeiter des Hostels täglich an einer Tafel über die aktuellen Events in der
Stadt. Als ich nachmittags ankam und diese Liste studierte, stellte ich überrascht
fest, dass die Band Jimmy Eat World am Abend ein Konzert spielen sollte. Dallas
war ebenfalls nach Houston gefahren, übernachtete aber in einem anderen Hostel.
Ich schrieb ihm eine Nachricht und er holte mich mit dem Auto ab. Wir wussten
zwar nicht, ob es überhaupt noch Tickets gab, geschweige denn wie viel diese
kosten sollten, aber wir wollten es zumindest versuchen. Vor dem Eingang trafen
wir dann zufällig auf einen Typen, der uns fragte, ob wir kostenlose Tickets
haben wollen. Wir sagten „Ja, sicher!“ und er meinte nur, er hätte zwei übrig
und wir sollten ihm dann einfach drinnen einen Drink kaufen. Okidoki und schon
waren wir drin. Die Kosten für den Drink übernahm freundlicherweise Dallas – so
muss das sein.
Am nächsten Morgen studierte ich
erneut die Liste und erfuhr so, dass am Abend ein Roller Derby stattfinden
sollte. Seit ich den im Film „Roller Girl“ gesehen hatte, war ich neugierig
darauf, diesen Sport einmal live zu erleben. Viele wissen vermutlich nicht was
genau das eigentlich ist. Deshalb möchte ich die Regeln an dieser Stelle kurz
erklären: Roller Derby ist im Wesentlichen ein Vollkontaktsport auf
Rollschuhen, der überwiegend von Frauen ausgeführt wird. Gespielt wird auf
einer 30 x 18 m großen ovalen Bahn, wobei entgegen des Uhrzeigersinns gelaufen
wird. In zwei Hälften à 30 Minuten werden jeweils so viele maximal zweiminütige
„Jams“ gefahren wie möglich. Jedes Team besteht dabei aus fünf Personen. Je
eine Person im Team ist der sogenannte Jammer, dessen Aufgabe es ist, durch das
Überrunden gegnerischer Spieler Punkte zu erzielen. Die restlichen vier Spieler
des Teams sind die Blocker. Sie sollen zum einen den Weg für den eigenen Jammer
frei halten, um ihm beim Überrunden der Gegner zu unterstützen, und zum anderen
den gegnerischen Jammer am Vorbeikommen hindern. Das Behindern anderer Spieler
erfolgt dabei nicht nur durch positionelle Blockaden, sondern auch durch
direkten Körpereinsatz. Es wird also fleißig gedrängelt, geschubst und
gestoßen. Aufgrund der permanenten Action ist das Spiel ziemlich kurzweilig und
auf jeden Fall ein Vielfaches spannender als Baseball. Mir hat es jedenfalls
ganz gut gefallen, auch wenn weniger spektakulär war als ich es mir vorgestellt
hatte.
Der Rückweg zum Hostel gestaltete
sich dann noch unerwartet schwierig. Wir hatten das Auto in einer öffentlichen
Tiefgarage abgestellt, uns aber weder die Farbe des Parkdecks noch den
Buchstaben für die Reihe gemerkt. Dummerweise war das Parkhaus riesig. Es war
genau genommen so groß, dass sogar ein Fahrdienst eingesetzt wurde, der die
Fahrer zu ihren Autos brachte oder ihnen bei der Suche danach half, wenn sie
die Orientierung verloren hatten. Eines dieser Fahrzeuge, die Ähnlichkeit mit
einem Golfmobil hatten, gabelte schließlich auch uns auf. Als wir dem Fahrer mitteilten,
dass wir weder Farbe noch Buchstaben kennen, sank dessen eh schon schlechte
Laune auf den Tiefpunkt. Ich konnte es ihm nicht verübeln. Letztlich konnte ich
auch nicht wirklich sauer auf Dallas sein, ich hatte ja schließlich auch nicht
aufgepasst wo wir geparkt hatten, aber verdammt, ER war der Fahrer und es war
SEIN Auto. Nach ungefähr einer halben Stunde erfolgloser Suche wurden wir dann
schließlich doch noch fündig. Die Erleichterung des Fahrers war vermutlich
genauso groß wie unsere. Im Nachhinein ist so etwas immer eine lustige Gesichte
und irgendwie hat es auch Spaß gemacht, mit dem Golfmobil durch die Tiefgarage
zu heizen, aber in solchen Momenten denkt man sich einfach nur „Aargh, warum?“.
Bevor ich zum Roller Derby fuhr, wartete
außerdem noch ein Erlebnis der besonderen Art auf mich. Im Hostel hatte ich
mich zuvor mit Diego, einem meiner Zimmergenossen, unterhalten und irgendwie
waren wir auf das Thema gekommen, dass ich Hunger hatte und gern Nudeln essen
gehen wollte. Er erzählte mir, dass er im Restaurant um die Ecke arbeitet, sie
ausgezeichnete Spaghetti hätten und ich doch einfach später vorbei kommen
sollte. Das tat ich dann auch.
Schon von außen sah das
Restaurant elegant und teuer aus. Ich hatte Diego jedoch zugesichert, dass ich
vorbei kommen würde und wollte nun keinen Rückzieher machen. Also trat ich ein.
Mir wurde unmittelbar ein Kellner zugeteilt, der mich zu meinem Tisch geleitete,
mir beim Hinsetzen half, meinen Stuhl heran rückte und eine große weiße
Serviette auf meinem Schoß ausbreitete. Neben dem Teller lagen natürlich
jeweils drei Messer und Gabeln und ich war froh, dass ich aus „Titanic“
wenigstens wusste, dass man sich von außen nach innen vorarbeiten muss. Ein
bisschen fühlte ich mich auch wie Jack – ein Passagier der dritten zu Gast in
der ersten Klasse – nur glänzte ich im Gegensatz zu ihm leider nicht wie ein
neuer Penny. In meinem 08/15 T-Shirt, meiner zerschlissenen Jeans (die, dich
ich nähen musste) und meinen schmutzigen Turnschuhen war ich für dieses todschicke
Ambiente leicht underdressed.
Als erstes bekam ich die
Weinkarte. Das günstigste Glas kostete 9 USD. Ich ließ den Kellner wissen, dass
ich dann wohl doch nur bei Wasser bleiben würde und bekam das Menü. Spaghetti
mit Fleischbällchen waren mit 22 USD eines der günstigsten Gerichte. Ich
bestellte und damit ich nicht schon verhungerte bis mein Essen kam, brachte man
mir einen Teller mit Öl und ein noch viel größeres Tablett voll mit verschiedensten
Brotsorten. Das Brot, für das ich mich entschied, wurde dann mit einer Zange
vom Tablett genommen und mir auf einem separaten Teller serviert. Natürlich –
wie sollte es anders sein – kleckerte ich beim Verzehr des Brotes mit dem Öl
auf die schöne weiße Tischdecke, vertuschte dies aber gekonnt, indem ich den
Teller darüber schob.
In der Zwischenzeit kam Diego kurz
an meinen Tisch und zeigte sich erfreut über meinen Besuch. Mein Kellner
registrierte unsere Bekanntschaft, verwickelte mich daraufhin in ein Gespräch
und schwatzte mir am Ende doch noch ein Glas Merlot auf. Ein zweites lehnte ich
später dankend ab. Als mir dann meine Spaghetti serviert wurden, kam extra noch
ein zweiter Kellner daher, der mir dann vor meinen Augen solange den Käse auf
die Spaghetti raspelte bis ich ihm sagte, dass es genug sei. Das war mir so unangenehm.
Ich hätte eigentlich mehr Käse gewollt (je mehr, desto besser – vor allem auf
Spaghetti), aber ich konnte den Kellner auch irgendwie nicht stundenlang vor
meiner Nase Käse raspeln lassen. Ich fürchte, ich bin für diese Art von
Restaurant einfach nicht gemacht.
Nachdem ich fertig diniert hatte,
ließ ich mir den Rest einpacken, denn natürlich war die Portion mal wieder viel
zu groß für mich. Diego brachte mir dann höchstpersönlich mein kleines Päckchen
und ich nutzte die Gelegenheit, um ich bei ihm nach den Zahlungsmodalitäten zu
erkundigen, da ich mit den Gepflogenheiten in einem solch edlen Etablissement
nicht ganz vertraut war. Da lachte er nur, winkte ab und sagte, darüber solle
ich mir keine Sorgen machen, das gehe alles aufs Haus. Ungläubig verließ ich
das Lokal. Ich glaube, ich habe auf dem ganzen Rückweg zum Hostel gelacht.
Von der Stadt selbst habe ich am
Ende also eigentlich gar nichts gesehen (was vermutlich auch nicht besonders schlimm
ist). Dafür habe ich aber einige wirklich coole und interessante Dinge erlebt.
Das ist am Ende wahrscheinlich viel mehr wert. Ich verbinde mit Houston
jedenfalls eine gute Zeit. Einige mögen sich vielleicht noch fragen, wie ich in
Houston gewesen sein kann ohne das Raumfahrtcenter besichtig zu haben. Ich habe
mich ehrlich gesagt bewusst dagegen entschieden. Erstens liegt es ein ganzes
Stück außerhalb der Stadt und zweitens habe ich gehört, dass es ein bisschen
wie Disneyland sein soll, da viele Besucher Kinder sind, die dann überall
herumtoben und an allem herumspielen. Außerdem war ein entspannter, sonniger
Tag auf dem Balkon einfach zu verlockend ;)
Houston bei Nacht |